Raissas Zimmer

Rai erinnerte sich noch gud an das erste (und letzte) Mal, dass Vico ihr schonend hatte nahelegen wollen, sich doch mal einen netten Psychologen herauszusuchen, oder eine effektive Antiaggressionstherapie. Anscheinend hatte sie gerade die Gelegenheit gefunden, ihm das auch mal an den Kopf zu werfen, sie kam allerdings nicht wirklich dazu. Privatsphäre hin oder her, besoffen sein und die Folgen ausbaden wollte gelernt sein und wenn diese Privatsphäre dafür sorgte dass da ein nackter Millionär in ihrer Badewanne privat erstickte, dann war es ihr doch wie so vieles mal hübsch scheißegal. War sowieso ihr Bad und ab jetzt konnte sie Vico ja vorhalten dass sie das eh alles schon gesehen hatte, allerdings fand sie es dann schon lustig zu sehen wie er aus der Wanne rauschte, ziemlich flink für jemanden der total verkatert sein dürfte, aber da hatte er schon die Besoffenenstatus-Erwartungen weit übertroffen. Das was folgte fand sie aber weniger witzig, sie mochte null Restalk spüren, aber mehr als die Arme schützend hochreißen konnte sie nicht ehe das auch noch verwendet wurde um sie zum zweiten Mal innerhalb einer halben Stunde(!) unsanft auf den Boden beförderte, diesmal sogar schmerzhaft und das nicht in dem Sinne oder dem Kontext, dass sie Gefallen daran finden könnte.
"Sag mal, drehste jetz völlig am Rad oder haste bloß den Arsch offen!? Was soll die Scheiße, runter von mir verdammt!", fauchte sie ihn an, sich mal wieder durchaus heftig gegen ihn sträubend, aber ähm, Vico war schwerer als sie, so oder so, und was zum Teufel wollte er mit ihrer MacMillan?! Also auf sie wirkte er wie ein Verrückter, erst mit dem leeren Gewehr die Wand anschießen wollen, sich dann darüber wundern und was er da von umbringen faselte...hatte er geglaubt sie wollte in ihrem derzeitigen Aufzug Arbeiten gehen oder was?! Ruhig bleiben, Rai, der Mann ist vermutlich erstmalig in seinem Leben besoffen und wie es um sein sonst überbeanspruchtes und gestern vielleicht rausgevögeltes Hirn steht wissen wir noch nicht, bleib ruhig.
Sie setzte sich auf sobald sie freikam, zog grummelnd ihren Morgenrock zurecht und betrachtete nach dem Aufstehen das Häufchen Elend einen Moment, ehe sie seufzte, das Wasser zudrehte und sich zum Waschbecken begab. Echt, Idiot. Ihr Make-up war alles, nur nicht mehr angemessen, weswegen sie sich mit dem entsprechenden Material an die Säuberung machte, im Anschluss ein neben dem normalen Handtuch hängendes Badetuch ergriff und Richtung Vico warf, würde schon auf ihm landen und so nass würde er sich schwerlich anziehen können, dann schnappte Rai sich ihre Zahnbürste und holte das Putzen von gestern nach - Duschen konnte sie auch später wenn Vico sich ausgekotzt hatte.

Rai hatte sich, wie ein jeder Attentäter nach einem derartigen Fehlschlag, gesträubt und keinen Zweifel an ihrer Schuld gelassen. Na ja, jetzt war der Jäger nun mal nicht mehr dabei seiner Partnerin Tötungsabsichten vorzuwerfen. Dafür beruhigte sich sein Magen und während er wahrnahm das nun das monotone Plätschern der Dusche aufhörte. Nachdem Vico noch einige Zeit mit dem Versuch verbracht hatte den sauren Geschmack auszuspucken spürte er auch schon etwas an seinem Rücken. Anders als bei seinem Verdacht vor einpaar Minuten noch, war es allerdings keine Regen aus Panzerbrechenden Munition, sondern etwas trockenes, was den Jäger zum Teil umhüllte und auch wärme spendete. Oh man, Vico knüppelte seine Partnerin nieder und wurde dafür sogar noch umsorgt. Wenn er das je Jonathan erzählen würde müsste der Millionar wohl damit rechnen, dass sein Butler nun endgültig die Jungs mit den weißen Westen rufen würde. Na ja, jedenfalls konnte Vico den letzten Rest Speichel in seinem Mund loswerden um sich dann, das Badetuch um die Schultern gehängend aufrichten. "Du Rai..." kam es dem Jäger über die Lippen. Vielleicht sollte er den Restalkohol in seinem Blut nutzen um wenigstens irgendetwas Sinnvolles zu tun. "Danke", war der knappe Kommentar des Millionen Dollar schweren Mannes. Er war auch wirklich dankbar dafür jemanden zu haben, auf dem er im Kampf und auch außerhalb davon Zählen konnte. Gut Rai war zwar immer eine unvorhersehbare Gefahr, doch war sie doch eigentlich Treu und es war gut jemanden im seinem Rücken zu wissen, egal wie übellaunig dieser jemand war.
Mit diesem Gedanken machte sich Vico auch daran sich zu trocknen um sich dann hastig die Boxershorts über zu ziehen. Auf die Schutzhose konnte er ja verzichten, die sollte später Jonathan wegräumen. Doch spürte der Jäger seinen Körper nur zu deutlich. Er protestierte gegen jede Bewegung und selbst Vico erkannte, dass es nicht gut war diese Warnhinweise zu ignorieren. "Aber ich glaub ich lege mich besser noch mal hin." meinte Vico als er sich von der Badewanne abgewand hatte und sich dabei scheinbar etwas zu schnell bewegt hatte. Jedenfalls fühlte er leichten Schwindel. "Würdest du Jonathan sagen das ich heute nicht gestört werden will?" fragte Vico nach während sein Blick wieder einmal zu der gepanzerten Hose glitt. Wieso kam sie ihn auf einmal zu klein vor? Na ja, egal. Vico konnte jedenfalls die letzte Nacht nicht leugnen, was für ihn hieß: Die Tatsache möglichst zu ignorieren, es als einmaligen Fehler verbuchen und weitermachen. "Ach und das kannst du ruhig auch ihn machen lassen. Er weiß ja wo der Anzug hingehört." meinte der Jäger ehe er langsam aus dem Bad taumelte. Man, so langsam wünschte er sich das Rai ihn abgeknallt hätte.

Nach Anwesen der Familie Itam / Erdgeschoss / Esszimmer

Rai ließ sich bei ihrer morgendlichen Aktivität nicht wirklich stören, war halt nur verkehrt herum dass sie sich dann auch ab- statt nur neu schminkte. Vico hatte jetzt ja hoffentlich alles was er brauchte, außer vielleicht einem Aspirin und einer Mütze Ausnüchterungsschlaf, wobei eine ordentliche Dusche ihm auch noch ganz gut täte, wobei hier dann zu befürchten war dass er versehentlich ertrank. War vermutlich eine Facette ihres Charakters, dass sie dann ausrastete wenn es eigentlich keinen Grund gab und es ließ wenn es gerechtfertigt wäre, halt die Inkarnation der Inkonsequenz. Sie bemerkte am Rand des Spiegels, dass Vico es auf die Beine schaffte, drehte sich aber nicht um und seinen Dank (er konnte es also DOCH normal) beantwortete sie mit einem Brummen und einmal kräftig Zahnpasta ausspucken. Der gestrige Abend war noch nicht weit genug aus ihrer Erinnerung geschoben als dass sie ihm böse sein könnte. Während er sich anzog, zähmte sie sich die Haare und sah dann doch via Spiegel zum halbwegs angekleideten Millionär in ihrem Bad.
"Jupp, mach ich eh ich abhaue.", meinte sie, darauf hinweisend dass sie ja heute noch arbeiten ghen würde, war die Mittagsschicht, zu er sie noch rechtzeitig kommen würde, "Verzieh dich schon, sonst schaffste's nicht mehr die Treppe rauf."
Sie sah ihm nach bis Vico per Spiegel nicht mehr erkennbar war, dann grinste sie und schüttelte leicht den Kopf, ehe sie die Tür anlehnte (zumachen ging ja eh nicht mehr) und wie angekündigt das Wasser aufdrehte. Sie würde wohl duschen müssen, ehe es losging. Etwa eine Dreiviertelstunde später verließ sie ihr Zimmer, geschminkt, mit kurzen Hosen und einem weißen Poloshirt mit dem Namen des Sonnenstudios drauf, die Chucks würden oben dazukommen. Jonathan war gelinde gesagt verblüfft von den Anweisungen die sie übermittelte, Rai machte sich keine Mühe seine Ahnung bezüglich "Der Boss hat heut keinen Bock auf Stress, hat gesagt wir sollen ihn pennen lassen" und "'n bisschen was von seinem Zeug liegt bei mir unten rum, bist doch sicher so lieb und räumst es weg, Johnny?" zu zerstreuen und verließ, ihre schwarze Notfall- und Arbeitstasche über der Schulter, nach einem kurzen Frühstück die Villa in Richtung Innenstadt. Es war heiß, dennoch ging sie zu Fuß.

Nach: Eingangshalle